Exkursion 2 in den Mischwald am
östlichen Kaiserstuhl
Auf dem Spaziergang durch den besonderen
Mischwald des östlichen Kaiserstuhls
haben wir gesehen, wie Bäume miteinander
funktionieren und einen riesigen
Gesamtorganismus bilden, den wir
schlicht als „Wald“ bezeichnen. Wir
haben gesehen, dass sich der
Gesamtorganismus Wald im Aufbau und in
der Gestalt ganz klar als eine
funktionierende Einheit präsentiert.
Dabei ist der Wald ohne seine
Symbiota nicht existenzfähig:
Ohne die Vorverdauung durch
Mykorrhizapilze könnten viele
lebenswichtige Mineralien gar nicht vom
Baum aufgenommen und verstoffwechselt werden.
Ohne Holz zersetzende Pilze und
Millionen von Kleinstlebewesen könnte die nur wenige
Zentimeter dünne und deshalb so sensible
Humusdecke nicht dauerhaft erhalten
werden.
Aber es sind nicht nur die Pilze und Kleinstlebewesen, welche in Symbiose
mit dem Wald leben. Ameisen zum Beispiel
sind ähnlich
unterflurig vernetzt und leben
sowohl im Waldboden wie auch in den
Faulhöhlen älterer Bäume.
Die zarte Berührung der Zweige führt
zu einer exakten Aufteilung des
Kronenraumes und zeigt uns, dass es auch
in der Gesellschaft der Bäume dominante
und rezessive Charaktere gibt. Dabei ist
der Kronenkontakt der Formschluss,
welcher den schlanken Bestandesbäumen
über die Stützfunktion die
Gesamtstabilität verleiht.
Bestandsbäume eines Waldes erfüllen
unterschiedliche Funktionen und können
deshalb als Organe des Gesamtorganismus
Wald betrachtet werden.Bäume im Inneren
des Waldes wachsen geradschaftig, hoch
und bilden eine kleine Oberkrone aus.
Das Wachstum wird durch das einfallende
Licht gesteuert (Phototropismus).
Randständige Bäume wachsen zunächst
senkrecht gegen die Schwerkraft (Geotropismus)
nach oben und bilden dann eine
einseitige Krone aus. Bekommen die
Blätter eines Starkastes deutlich
weniger Sonnenlicht ab als andere Teile
der Krone, kann ein Laubbaum sogar einen
Ast umlegen, bis dass er in die
entgegengesetzte Richtung zeigt und
somit wirkungsvoller zur Erhaltung der
Vitalität beitragen kann.
Auf dieser Exkursion zeigt Martin
Zeller, Wissenschaftler und Pionier auf
dem neuen Fachgebiet des Tree
Engineering in natura eindrucksvoll, was
uns Bäume mit ihrer Gestalt über ihr
Leben und über ihre Funktion als Organ
des Waldes erzählen. Beim gemeinsamen
Begehen der Mischwälder des Kaiserstuhls
wird jedem Teilnehmer der Blick für die
Körpersprache der Bäume und deren
Interpretation – in der Fachsprache
„Baumansprache“ genannt – geschenkt.
Die Rückmeldungen zu dieser Exkursion
sind nahezu ausnahmslos sinngemäß:
"Jetzt sehe ich den Wald und dessen
Bäume mit ganz anderen Augen. Ich sehe
und respektiere jeden Baum als Lebewesen
und Teil der für uns lebenswichtigen
Natur."